Ehrlichkeit, Verwundbarkeit - Wunder

 

„Ich weiß heute, dass die „richtigen“ Leute mich gerade wegen meiner Verwundbarkeit lieben. Deshalb wage ich es, ehrlicher zu sein als je zuvor.“

 

Wow was für ein Satz. Ich saß in meinem Kreativen – Schaffens – Zimmer, wieder mal vor einem großen Stapel schönem Papier-Kram und mir fiel genau dieser Satz auf.

Ich finde der hat es in sich. Die „richtigen“ habe ich bewusst in „Gänsefüßchen“ gesetzt, denn es gibt in meiner Welt keine richtigen und falschen Leute, sondern eben die, die sich für mich gut und richtig anfühlen. Andere fühlen sich für andere Menschen gut und richtig an.

Menschen, die mich wegen meiner Verwundbarkeit lieben.

Was heißt es denn eigentlich verwundbar zu sein?

Und was hat ehrlicher sein so genau damit zu tun?

Mich hat dieser Satz sofort gepackt und ich versuche meine Gedanken dazu mal in Worte zu fassen.

 

Verwundbarkeit - zulassen, dass ich Wunden vom Leben in mir und mit mir trage. Das heißt doch auch lebendig sein, das Leben in all seinen Facetten zu leben, zu feiern, zu fallen, wieder aufzustehen, Ent-täuschungen verdauen und einordnen, Herzschmerz ertragen und zu fühlen. Was wäre denn, wenn ich nicht verwundbar wäre? Ich könnte die Tiefe der Emotionen und Gefühle in mir nicht zulassen.

 

Spannend ist, wenn man nur zwei Buchstaben hinzufügt, dann wird aus Verwundungen – Verwunderungen…. Und wenn man sich das Wort „Verwunderung“ genauer ansieht, dann steckt darin das Wunder.

Aus Wunden können Wunder werden?

Ist das vielleicht auch die Ehrlichkeit die in den Wunden, in der Verwundbarkeit liegt?

Die Ehrlichkeit zu sich selbst, sich die eigenen Wunden anzuschauen, sich selber anzuschauen, sich wundern, über die Wunden und sich selbst?

Liegt in diesen Wunden auch eine Chance, eine Chance für Wunder?

Vielleicht die Chance über den Weg der Ehrlichkeit – neue Wege zu finden – den eigenen Weg?

 

Ehrlichkeit – ein sehr selbstverständliches Wort – irgendwie.

Was bedeutet Ehrlichkeit für dich?

Fällt es dir leicht ehrlich zu sein?

Wann ist es leichter und wann ist es schwerer?

 

Aus meiner Erfahrung ist es immer dann leicht, wenn man selber weiß und fühlt, die eigene Ehrlichkeit trifft auf Zustimmung, auf Bestätigung, auf gesehen werden. Ebenfalls ist es leicht, wenn ich fühle, dass meine Ehrlichkeit mich auf einen leicht gangbaren Weg führt.

Wenn Ehrlichkeit aber verbunden sein kann mit Ablehnung – sowohl der eigenen inneren Ablehnung, weil man fühlt, dass man unbequeme Entscheidungen treffen muss, oder etwas entscheiden „muss“ für seinen eigenen Weg und man weiß sofort, dies betrifft auf eine Art und Weise auch noch andere Menschen, dann ist Ehrlichkeit unter Umständen eine Herausforderung. Auch wenn du deinen eigenen Werten und Vorstellungen treu bleiben möchtest, oder dich entscheidest bestimmte Dinge nicht mehr oder anders zu machen, oder Menschen nicht mehr treffen möchtest, die dir nicht mehr gut tun, dann kann es mit der Ehrlichkeit auch schon mal wirklich herausfordernd sein.

Wer kennt das nicht? Du bist müde, oder hast keine Lust heute auf ein Treffen mit deiner Freundin, deinem Freund, deinen Eltern, oder dir ist einfach nicht danach, weil du lieber alleine oder Zeit z.B. deinem Partner/in verbringen möchtest? Oder schon lange gehst du zu einem bestimmten Geburtstag nur noch aus einer Art Pflichtgefühl. Du sagst ab. Was sagst du? Ehrlich wie es sich für dich anfühlt, oder suchst du nach einer Ausrede – des lieben Friedens wegen? Weil du nicht auf Ablehnung treffen möchtest?

Und hast du den Frieden dann danach in dir, oder wie geht es dir bei der nächsten Situation?

 

Ehrlichkeit – wo beginnt sie eigentlich?

Für mich beginnt Ehrlichkeit mir selbst gegenüber. Immer wieder versuche ich mir anzuschauen, was sind denn meine Ideen und Werte im Leben? Was ist mir wichtig? Warum handele ich aus einem bestimmten Grund? Ist es mein Weg, oder ein erlernter Weg? Welche Punkte/Werte/Ideen teile ich und wo möchte ich anders entscheiden? Was sagt mein Partner/Freundin/Eltern/Lehrer, wenn ich anders entscheide? Wie reagieren Menschen, wenn ich ehrlich bin?

 

Und das Wunder?

Das kann dann entstehen, wenn du entscheidest – ganz ehrlich, echt, authentisch und frei du selber zu sein. Dein Leben zu leben. Ja vielleicht trennen sich manche Wege, vielleicht stößt du auf Unverständnis, vielleicht gibt es die ein oder andere Diskussion…

 

Vielleicht entstehen dann daraus all DIESE Wunder: Du triffst Menschen, die dich sein lassen, wie du bist. Du triffst dich selber in einer Art und Weise, in der du dir noch nie zuvor begegnet bist. Die Dinge fügen sich - einfach so. Du spürst neue Energie, weil du endlich dein Leben lebst. Mit Menschen, die dich aufgrund deiner Verwundbarkeit lieben und deine Ehrlichkeit schätzen. Menschen, die dich in deiner Verwundbarkeit halten, weil sie sehen, dass du gerade verwundbar bist. Und dann bist du vielleicht ganz verwundert…

 

So nah können Verwundbarkeit und Wunder vielleicht beieinander liegen.

Kommentare: 2
  • #2

    Anja (Dienstag, 17 Januar 2023 09:07)

    Hallo liebe Sandra,
    ich danke dir ganz herzlich für diesen wunderbaren Beitrag, der mich in einem mit diesem Thema wirklich übereinstimmenden Moment erreicht hat.
    Liebe Grüße, Anja

  • #1

    Elisabeth (Samstag, 14 Januar 2023 17:09)

    Liebe Sandra, ich danke dir für dieses wunderbare Wortwechselspiel. Ich übe noch , ehrlich zu sein ,weil ich aus kürzlicher Erfahrung: kein Friede
    Freude Eierkuchen mehr möchte.
    Daraus erhoffe ich mir das Wunder in den Augen meiner Mitmenschen zu sehen, dass ich auch was zu sagen habe.